In unserer neuen Vortragsreihe „Stieglerhaus-Uni“ laden wir anlässlich des
Internationalen Tages der Mathematik ein.
Infinity & Beyond – die Mathematik des Unendlichen
Prof. Dr. Joscha Prochno
“Alles, worein der Mensch sich ernstlich einlässt, ist ein Unendliches.”
Johann Wolfgang von Goethe
Roman Opałka (27. August 1931 – 6. August 2011) ist bekannt durch sein Lebensprojekt “1965/1 – ∞”. Ab dem Jahre 1965 malt Opałka Zahlen auf Leinwand, beginnend bei 1 mit dem Ziel unendlich. Jedes seiner “Details” fängt Zahl um Zahl, weiß auf dunkler Leinwand (196 cm x 135 cm), ein. Das nächste Bild beginnt, wo das vorherige endete. Mit seinem Tod vollendet er sein Werk: 233 “Details” mit den Zahlen von 1 bis 5.607.249.
Auch wenn wir die Zahlen nicht aufmalen, sondern lediglich laut aussprechen, würden wir vermutlich nicht viel mehr als 1 Milliarde erreichen. Aber wie zählt man bis unendlich? Wir könnten die Zählaufgabe zum obersten Lebensziel der Menschheit erheben und von Generation zu Generation immer weiter zählen. Aber wie neue Forschungsarbeiten zur Expansion des Universums nahelegen, ist selbst die Zeit, und diese existiert nach heutiger Auffassung seit dem Urknall, nur endlich. Die Menschheit würde also, wie schon Roman Opałka, an einem solchen Projekt scheitern. Was ist also unendlich und wie können wir uns diesem Begriff nähern? Gibt es überhaupt nur eine Unendlichkeit?
Die Mathematiker haben elegante Methoden entwickelt, Unendlichkeit zu erfassen und mit ihr umzugehen, und auf dieser faszinierenden Reise des menschlichen Geistes verschiedene Arten der Unendlichkeit entdeckt, von denen manche größer sind als andere.
In diesem Vortrag werde ich Sie auf eine kurze mathematische Reise in die Unendlichkeit mitnehmen und darüber hinaus führen.
Werdegang
Prof. Dr. Joscha Prochno
Lehrstuhl für Funktionalanalysis an der Fakultät für Informatik und Mathematik an der Universität Passau/Deutschland
Von 2003 bis 2008 studierte Joscha Prochno Mathematik und Physik an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf sowie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, wo er 2008 sein Diplom abschloss. Im Jahr 2011 hat er an der Christian-Albrechts-Universität bei Carsten Schütt und Hermann König mit der Arbeit „Subspaces of L1 and Combinatorial Inequalities in Banach Space Theory“ promoviert. Nach der Promotion wechselte er für ein Jahr als PostDoc an die University of Alberta in Edmonton (Kanada) und arbeitete dort mit Nicole Tomczak-Jaegermann und Alexander Litvak. Von 2012 bis 2015 war er Senior PostDoc an der Johannes-Kepler-Universität in Linz (Österreich) und folgte im Oktober 2015 einem Ruf an die University of Hull (England). Im Jahr 2018 wechselte er an die Karl-Franzens-Universität in Graz (Österreich), wo er 2021 für das Fach Mathematik habilitiert wurde. Seit April 2021 ist er Professor an der Universität Passau und leitet den Lehrstuhl für Funktionalanalysis.
Im Jahr 2021 erhielt er den höchsten österreichischen Mathematikpreis der ÖMG.
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